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Alex Payer

Wo zur Hölle ist eigentlich Bakuriani?

Breckenridge, Madonna di Campiglio, Whistler Mountain, Arose … – Bakuriani.  Ja ihr habt richtig gelesen. In diese Reihe von legendären Austragungsorten hat sich in diesem Jahr der kleine Wintersportentwicklungsort im Mittelgebirge Georgiens eingereiht und sagen wir mal nicht wirklich überzeugt.

Zugegeben meine persönliche Wahrnehmung ist in diesem Falle etwas getrübt, aber darum geht es doch in einem Blogartikel. Also wer nur Friede, Freude, Eierkuchen möchte liest sich lieber den Abschlussbericht auf der Homepage des internationalen Skiverband durch.

FIS Freestyle Ski, Snowboard and Freeski World Championships - Bakuriani GEO - PGS - Course preview © Miha Matavz/FIS

Bakuriani – Irgendwo in Georgien

Wenn man Georgien und Skifahren in die Googlemaschine füttert, muss man zumeist relativ lange nach dem kleinen Skigebiet Bakuriani im Herzen Georgiens suchen. Zu Unrecht wie ich finde, denn das Gebiet hat durchaus seinen Charme und auch seinen Reiz.

Man sollte natürlich ein gewisses Maß an Abenteuerlust mitbringen, denn die Infrastruktur vor Ort lässt sich natürlich nicht mit dem gewohnten aus Mitteleuropa oder den USA vergleichen.

Doch mal ehrlich, wer sich auf den Weg nach Georgien macht, wird auch kaum erwarten Zustände wie in Ischgl oder Chamonix vorzufinden. Aus diesem Grunde, wer schon immer mal in einen Mix zwischen Skigebiet, Balkanparty und gesetzlosen Raum eintauchen wollte, rein in den Flieger.

Anreise

Tatsächlich richtig easy. Ab auf einen Hauptstadtflughafen, rein in einen Flieger in Richtung Tiflis. Leihauto für kleines Geld checken (Navi ist lebenswichtig) und ab nach Bakuriani.

BAKURIANI,GEORGIA,19.FEB.23 - SNOWBOARD - FIS SX and SB World Championships, Parallel Giant Slalom, men, ladies. Image shows Alexander Payer (AUT). Photo: GEPA pictures/ Matic Klansek

Weltmeisterschaften Bakuriani

Seit ich aus Georgien zurückgekommen ist die häufigste Frage :

„Warum habt ihr denn eine WM in Georgien“. Gute Frage mit einer relativ schnellen Antwort. Ich habe keine Ahnung.

Das wäre die Standartantwort die alle erwarten würden, aber ich weiß es doch etwas besser. Vor Ort wurde mir von einem FIS-Renndirektor glaubhaft vermittelt das sich einfach kein anderer Veranstalter finden ließ um den Knochenjob von 30 Medailienentscheidungen am Stück abzuarbeiten.
Diese Aussage lässt sich natürlich nicht verifizieren, aber ich bin mir relativ sicher das es so war.

Nun aber ein kleiner Schritt zurück

Man hört wohl bereits meine Skepsis gegenüber dieser Veranstaltung, aber die Hintergründe kennt man noch nicht.

Nach den ebenfalls fragwürdigen Winterspielen 2022 machten ich mich im März 2022 bereits zum ersten Mal auf nach Georgien um an zwei Europacuprennen teilzunehmen. Einerseits um die lokalen Gegebenheiten für eben diese Weltmeisterschaft zu erkunden und andererseits um die anhaltende Coronapanik mal für ein paar Tage hinter mir zu lassen.

Und gleich vorne weg: „Bakuriani hat mich vollkommen überrascht und das im positiven Sinne“

Die Leute vor Ort waren unglaublich motiviert und freundlich. Jeder hat versucht im Rahmen seiner Möglichkeiten das beste für die Veranstaltung und die Teilnehmer zu geben. Kein Wintersport Hotspot, nicht unbedingt die großen Schneemaßen, aber das Herz am rechten Fleck.

Auch was die Wettkampfstätten und Pistenbedingungen angeht spielte man für einen Europacup definitiv in der Oberliga. Betrachtet man das Rahmenprogramm inklusive Party wurde ebenfalls einiges geboten und die nach Abreise bei internationalen Funktionären aufgetretenen Covid Infektionen waren ein kleiner Preis für die Spaß den wir hatten.

Was änderte sich nun im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2023?

Ich glaube hier kommt man ganz schnell an den Punkt wo man festhalten muss, „Zu viele Köche verderben den Brei“.

Bei einer Weltmeisterschaft mit der doppelten Anzahl an Entscheidungen, verglichen mit einer alpinen Skiweltmeisterschaft kommt man einfach schnell an die Grenzen des möglichen. Vor allem wenn die einheimischen Funktionäre und Zuständigen vor Ort, keine Erfahrung mit der Qualität der geforderten Pistenverhältnisse haben.

Die agierenden Personen vor Ort waren ja im wesentlichen die selben, nur mussten sie sich auf 30 Events aufteilen und somit buchstäblich zerreißen. Diesen Zustand hielt das System einfach nicht Stand und man konnte mehr oder weniger nur noch reagieren anstatt zu agieren.

Parallel Events

Da ich selbst nur an den Parallel Events teilgenommen habe, beschränkt sich persönliches Empfinden und Wissen natürlich im wesentlich auch auf diese Events und den Rest erspare ich mir an dieser Stelle.

Was erwartete uns vor Ort?

Im wesentlichen das kollektive Nichtstun. Klingt bitter, ist aber so. Wie bei internationalen Rennen üblich wurde die Reise so geplant das drei Trainingstage vor Ort möglich wären um sich auch die Gegebenheiten einzustellen und damit die Voraussetzung für Höchstleistungen zu schaffen.

Gut geplant, aber schlecht vorbereitet waren leider sie Trainingspisten welche wir vorgefunden haben. Ob es Probleme mit der künstlichen Beschneiung (aus Österreich) gegeben hat, entzieht sich leider meiner Kenntnis, aber ich gehe fast davon aus das am „windy-hill“ das Beschneien eher öfter schwierig wird.

Nachdem wir nach zwei Tagen schon die ersten Abnützungserscheinungen vom Däumchendrehen erlitten hatten, wurde uns von Seiten der FIS die Möglichkeit gegeben doch wenigstens „EINE STUNDE“ am Rennhang eine Befahrung durchzuführen. Nicht unbedingt viel, aber schonmal besser als nichts.

Der Zustand der Piste war allerdings wirklich zutiefst erschreckend und von einer Rennstrecke in ca. soweit weg wie die Tauernautobahn von einem Formel 1 Ring. Hier muss man aber festhalten das dem Organisationscommitee vor Ort absolut kein Vorwurf zu machen ist. Die Jungs und Mädels haben echt alles gegeben, aber mehr konnten sie einfach nicht.

Hier wäre es notwendig gewesen von Seiten der FIS international erfahrenes Personal zur Verfügung zu stellen um auch nachhaltig etwas zu entwickeln.

Kurz vorweggegriffen, meine Heimfahrt inklusive Kreuzbandriss auf der demolierten Piste trat ich gemeinsam mit dem österreichischen Designer und Builder der Slopestylestrecke an, welcher mehr als amüsiert war das man auf unserer Rennstrecke genau zwei Tage vor besagtem Freifahren die Piste das erste mal in Angriff genommen hatte.

Erfolg und Misserfolg

Nachdem Training ja bekanntlich überbewertet wird, war auch ohne eben dieses das Rennen natürlich wie geplant im Kalender und als Sportler will man eigentlich auch nichts anderes als Rennfahren.

Aus diesem Grunde war der Riesentorlauf (unsere erste Disziplin), auch wirklich ein echtes Auf und Ab der der Gefühle. Von einer brauchbaren Piste in Q1, über eine Kellerstiege in Q2 bis zu einer wahren Schlacht Mann/Frau gegen Piste im Finale war es wirklich ein harter Tag auf der Baustelle.

Am Weg zu meinem ersten Podium bei einer Weltmeisterschaft passierte mir dann noch ein kleiner Verbalausrutscher gegenüber dem internationalen Skiverbande, welcher auch mit einem wahren Strafenregen geahndet wurde. Aber nach meiner vorangegangen Kritik an der Piste wohl zu erwarten, denn hier ist persönlich und sachlich selten zu trennen. Aber diesen Punkte lasse ich mal lieber weg, denn sonst füllen sich noch eine Seiten.

Die Hoch und Tiefphase meines Georgienbesuches fand seine Fortsetzung bereits zwei Tage später beim nächsten Event. Dem von mir eigentlich mehr geliebten Parallel Slalom. Warum mehr geliebt? – keine Ahnung.

Die Zustände vor Ort waren wie zu erwarten unverändert, aber was sich änderte im Kehrwasser der anhaltenden Kritik, die investierte Arbeit an der Piste stieg proportional zu jedem negativen Zeitungs oder Fernsehartikel. Ein Schelm wer böses denkt, aber es geht halt doch um Business und die Außendarstellung der Sponsoren.

Leider hielt der Slalom nicht mehr viel positives für mich bereit. Nach einem kleinen Fahrfehler, kombiniert mit einem umso größeren Schlag seitens der Piste verabschiedete sich mein Kreuzband (vorne) in der Vorruhestand und zwang mich zur ersten Rettungsschlittenfahrt meines Lebens.

Es gibt bekanntlich immer ein erstes Mal und somit wurde auch dieses sofort wieder vom nächsten Hoch, der ersten Bronzemedailie meiner Lebensgefährtin abgelöst.

Zum Thema Kreuzbandriss und Georgien findet ihr dann alles in meinem nächsten Blogbeitrag.

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